Perspektiven für die Neuwahl

Freiheit und Weite der Gestaltung und Verbindlichkeit synodaler Kultur

Die Satzungen für den Pfarrgemeinderat und für den Kirchenvorstand und auch der Orientierungsrahmen für die Teams gemeinsamer Verantwortung bieten verschiedene Wege der Umsetzung dieser örtlichen Gremien und Beteiligungsorgane. Sie haben in den vergangenen Jahren Pfarrgemeinden ermutigt, neue Wege zu gehen und sich weiterzuentwickeln.

Obwohl sich die Wahlen zu den Kirchenvorständen an den Vorgaben des KVVG halten müssen, sind unterschiedliche Gestalten der pastoralen Gremien vor Ort möglich. Gleichzeitig ist diese Vielfalt aber nicht beliebig.

Deswegen möchten wir einige Leitlinien vergewissern, die eine Profilierung und Verbindlichkeit ermöglichen. Wir formulieren sie bewusst als Leitplanken. Und das bedeutet: Sie sind nicht einfach übergehbar. Sie gelten, auch wenn natürlich unterschiedliche Wege möglich sind. Hinter diesen Leitplanken stehen auch Herausforderungen, die uns unverzichtbar scheinen.

Neben demokratischen Standards, die unverzichtbar sind, rücken andere Themen in den Blick, die uns herausfordern:

  • Braucht es für die Zukunft eine Begrenzung der Amtsdauer, wenn in einigen Räten über Jahrzehnte Personen Ämter innehaben?
  • Wie kann die Diversität und Geschlechtergerechtigkeit auch vor Ort zum Ziel werden? Es ist nicht angemessen, dass Räte von einem Geschlecht dominiert werden.
  • Wie kann in den Blick genommen werden, dass eine Pfarrei weiter reicht als die klassische Gottesdienstgemeinde und ihre Ehrenamtlichen? Brauchen wir neue Formen der Pfarrsynoden und eine stärkere Einbindung der katholischen Einrichtungen und anderer Akteur*innen.
  • Entscheidend wird für die Zukunft sein, dass die Kompetenzen und Fähigkeiten der Gewählten gestärkt und gefördert werden. Weiterbildung der gewählten Mandatsträger*innen gehört in Zukunft auch zu den Qualitätsversprechen, wenn jemand eine Wahl annimmt. Das Bistum wird eine breite Auswahl von Weiterbildungen anbieten, und gleichzeitig mit den Mandatsträger*innen einen Mindeststandard an Weiterbildung vereinbaren. Es gehört dazu, sich weiterbilden zu können (natürlich kostenfrei).

11 Leitplanken und Leitfragen für die pastoralen Gremien

1. Demokratische Standards und Legitimation

Der Kirchenvorstand, der Pfarrgemeinderat und auch die Teams Gemeinsamer Verantwortung sind repräsentative Gremien der Katholik*innen einer Pfarrei/einer Gemeinde. Sie sind keine Freundeskreise oder Aktionsgruppen, die sich aus Interesse bilden.

Leitfrage: Wie werden die Räte demokratisch legitimiert?

2. Fluktuation und Wechsel

Eine Fluktuation in der Besetzung der Gremien bringt neue Ideen ins Spiel und ist oft hilfreich, um neue Wege gehen zu können. Bei der Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten und der Besetzung von Arbeitsgruppen ist auf eine gute Mischung zwischen erfahrenen Mitgliedern und neuen zu achten. Die pastoralen Gremien sind zuweilen besetzt von Personen, die mehrere Wahlperioden ununterbrochen wichtige Aufgaben übernommen haben. So bedeutsam Kontinuität ist, so ehrenwert langdauerndes Engagement, so kann es doch zugleich auch Machtpositionen schaffen und Veränderung erschweren. Im Vorfeld der Überlegungen stand der Gedanke, dass Gremienmitglieder nicht länger als zwei Wahlperioden hintereinander ein Amt im selben Gremium besetzen sollen.

Leitfrage: Wie gelingt Fluktuation und Wechsel in den Gremien? Wie können Aufgaben und Ämter gut verwaltet werden und wie wird rechtzeitig für eine Nachfolge gesorgt?

3. Diversität und Wege zur Geschlechtergerechtigkeit

Wenn beim Synodalen Weg um Diversität und Geschlechtergerechtigkeit als Grundstandard kirchlicher Gremien und Verantwortungsträger*innen gerungen wird, ist dies auch eine Herausforderung an die Gremien vor Ort. Die Mitglieder der Räte bilden die Diversität des Volkes Gottes vor Ort ab: Männer, Frauen, Alte, Junge, Gruppierungen und Einrichtungen, Einheimische, Migrantengemeinden. Dies ist auch insbesondere bei der Kandidat*innensuche zu berücksichtigen. Eine hohe Diversität zusammen mit einer Vielfalt an Ideen erleichtert das Finden von Lösungen

Leitfrage: Wie gelingt es, die Diversität verschiedener Altersgruppen, Geschlechter, Glaubenskulturen, Nationalitäten und Glaubensstile in den Gremien zu repräsentieren? Sind wir auf dem Weg zu einer breiten Repräsentanz der Vielfalt des Volkes Gottes?

4. Synodalität und Partizipation

KV und PGR wissen, dass sie nicht die Gesamtheit der katholischen Christen abbilden. Sie wissen auch, dass große Entscheidungen mit größtmöglicher Beteiligung bearbeitet werden sollten. Es geht darum, die Vielfalt der Ideen zu heben, aber auch darum, Entscheidungen in einer breiten Anhörung und Diskussion zu fällen. Die vielen Gemeinschaften und Gruppen, die Einbindung in die Kommune, die Einbindung der ökumenischen Partner dient den Gremien, regelmäßig einen Raum für die Einübung des synodalen Begegnens, Hörens und Unterscheidens einzuüben. Wir empfehlen,auch angesichts der synodalen Entwicklung in Bistum und Weltkirche, dass eine solche Gelegenheit bei wichtigen Fragen der Zukunftsperspektive der Pfarrei wenigstens einmal im Jahr einberufen wird

Leitfrage: Wie werden synodale Formen zur Anhörung und Entscheidungsfindung in der Pfarrei entwickelt, damit es zu einer möglichst breiten Partizipation kommt?

5. Kandidatinnen- und Kandidatenauswahl

Die Wahlen zu den Gremien sind auch deswegen herausfordernd, weil es gilt, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu finden. Gleichzeitig entwickeln sich die Gremien als echte Verantwortungsgremien der Pfarrei und sind also von hoher Wirksamkeit und Bedeutsamkeit für alle Christen.

Deswegen ist es nötig, sich rechtzeitig zu verständigen, wie Kandidatinnen und Kandidaten angesprochen werden. Entscheidend für diesen Prozess wird es sein, dass die Profile der einzelnen Aufgaben präzise beschrieben werden: Welche Aufgabe hat ein Mitglied in den zukünftigen Räten? Welche Kompetenzen braucht es für welche Aufgabe? Welche kirchliche Erfahrung hat der/die Kandidat*in? Wie steht der/die Kandidat*in zur kirchlichen Entwicklung in Bistum und Pfarrei? Ist er oder sie ein Teamplayer? Ist er oder sie von der Gemeinde anerkannt und wird für fähig gehalten?

Leitfrage: Wie kann rechtzeitig ein Bewusstsein für unterschiedliche Profile entfaltet werden? Welche Wege zur Kandidatenfindung beziehen welche Menschen in der Pfarrei mit ein?

6. Kompetenz und Weiterbildung

Wer gewählt wird, bringt seine Kompetenzen mit ein, die ihn für das jeweilige Amt qualifizieren. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Verantwortung für die Kirche vor Ort auch eine entsprechende Kompetenzerweiterung erfordert. Verbunden mit Entscheidungs- und Beratungskompetenzen der Gremien, ist auch ein kontinuierlicher Wissensaufbau der Mitglieder verbunden, um ihre Arbeit gut erledigen zu können.

Dafür bietet das Bistum Fortbildungen an. Innerhalb der Gremien ist festzulegen, welche Kompetenzen benötigt werden und wer innerhalb des Gremiums die Fortbildung dazu belegt. Hierunter fallen auch verpflichtende Grundlagenschulungen. Die Planung und die Durchführungen sind zu dokumentieren. Kirchenvorstände und pastorale Räte brauchen dabei unterschiedliche Weiterentwicklungsszenarien.

Dabei ist klar, dass diese Fortbildungen angemessen und angepasst sind an die Bedarfe der einzelnen Mandatsträger*innen und der jeweiligen Gremien. Die Weiterqualifikation geschieht im Blick auf die jeweiligen Aufgaben und steht in ihrem Dienst. Deswegen werden diese Fortbildungen auch vom Bistum bezahlt. Das Bistum wird eine Reihe von Wahlpflichtfortbildungen anbieten als Grundlage (Finanzen, Recht, pastorale Grundhaltung etc.) Die Dekanats-(Pastoral)-Referent*innen stehen für die Organisation von Fortbildungen zur Verfügung.

Leitfrage: Wie können Weiterbildungswege als Kultur der Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung in unseren Gremien etabliert werden?

7. Konfliktmechanismen

In Kirchengemeinden und Räten kommt es zu Konflikten mit Mandatsträger*innen. Konflikte müssen transparent und methodisch bearbeitet werden. Eskalationsstufen und entsprechende Bearbeitungsmechanismen sind zu entwickeln. Die Satzungen der Räte werden entsprechend ergänzt.

Leitfrage: Wie können Methoden der Konfliktbewältigung von Anfang an vereinbart werden? Welcher transparente Bearbeitungsmechanismus bei Eskalationen steht in ihrer Pfarrei zur Verfügung?

8. Rechenschaft für die Aufgabe

Die Räte sind öffentliche und demokratisch gewählte Gremien. Sie sind unterwegs im Auftrag der Gemeinde/Pfarrei. Entsprechend braucht es eine regelmäßige Rechenschaftslegung der Gremien über die Arbeit, die öffentlich und transparent ist – und in einem synodalen Rahmen stattfindet. Das Bistum wird eine Evaluations- und Rechenschaftsmethodik zur Verfügung stelle.

Leitfrage: Wie wird in ihren Räten das Moment der Rechenschaftslegung implementiert?

9. Kommunikation und Transparenz

Wer Verantwortung trägt, braucht auch die notwendigen Informationen. Hier braucht es geeignete Formen, die eine Grundlage schaffen für die notwendigen Diskussions- und Entscheidungsprozesse, ohne einzelne Personen z.B. durch Doppelmitgliedschaften in verschiedenen Gremien zu überfordern. Entscheidungsprozesse müssen nachvollziehbar sein; Entscheidungen sollten dokumentiert werden und diese Dokumentationen für alle einsehbar sein.

Leitfrage: Mit welchen Instrumenten sorgen wir für gute Kommunikation und Transparenz?

10. Vision und Ziel

Entscheidungen brauchen einen verlässlichen Horizont, auf den hin sie getroffen werden. Wozu gehen wir diesen Weg? Was ist unsere Hoffnung, was wollen wir erreichen? Gerade verantwortliche Gremien sollten sich wenigsten einmal im Jahr fragen, ob sie auf dem richtigen Weg sind, welche Orientierung sie gemeinsam haben, um gute Entscheidungen des Tuns oder Lassens treffen zu können. Nur eine gemeinsame und verständigte Orientierung ermöglicht es, den eigenen Weg zu reflektieren (Evaluation) und zukunftsfähige Entscheidungen zu treffen.

Leitfrage: Haben wir einen gemeinsamen roten Faden, der uns orientiert? Wie vergewissern wir uns regelmäßig im Blick zurück und im Blick nach vorn?

11. Geld und Verantwortung

Der Kirchenvorstand ist ganz entscheidend bei der Immobilien- und Vermögenverwaltung der Pfarrei. Hier trägt er verantwortlich Sorge für das Ganze. Gerade in Zeiten abnehmender finanzieller Möglichkeiten braucht es aber auch einen finanziellen Freiraum für pastorales und seelsorgliches Handeln. Diese Freiräume müssen erhalten werden; sowohl der Pfarrgemeinderat als auch die Teams gemeinsamer Verantwortung, die in den unterschiedlichen Gemeinden der Pfarrei das kirchliche Leben gestalten, brauchen Möglichkeiten der selbstverantwortlichen Investition.

Leitfrage: Wie können wir einen zukunftsfähigen Haushalt der Pfarrei gestalten, der sowohl für die Pfarrei als auch die einzelnen Gemeinden Handlungsspielräume erhält?

Beispiele für synodale Formen

  • Mindestens einmal Jahr findet eine synodale Versammlung statt.
  • Die Gremien und weitere Akteure/ Initiativen / Einrichtungen etc. im Sozialraum treffen sich zum Austauschen und Vernetzen. • Eingeladen wird durch das Gremium auf Pfarreiebene oder auf der lokalen ortsgemeindlichen Ebene.
  • Das Forum dient dem Austauschen und Vernetzen. Es trifft keine Entscheidungen, gibt aber Handlungsempfehlungen und weist auf Handlungsfelder hin
  • Beteiligung einer Geschäftsführung für gute Vorbereitung und Nachbereitung
  • Es bedarf einer Moderation. Dies kann bei den Dekanatsreferent*innen oder der Gemeindeberatung angefragt werden.
  • Welche Akteure sind neben den Gemeindemitgliedern dazu einzuladen (falls es sie im Sozialraum gibt): z.B. Gruppen, Verbände, (Kath.) Einrichtungen wie bspw. Kindertagesstätten, Familienzentren, Schulen, Altenheime, Stadtteilzentren, Krankenhäuser, Hospiz, Gefängnis, Familienbildungsstätte, Ehe- Familien- und Lebensberatung (EFL), Bildungseinrichtungen, (bürgerschaftliche) Initiativen, Einzelpersönlichkeiten, Kommunalpolitiker*innen, Ökumene und interreligiösen Dialog, Caritas und andere Beratungseinrichtungen, Liturgische Dienste, Katechet*innen für die Sakramente, Gemeinschaften anderer Muttersprache.